Vor ein paar Tagen habe ich auf dem Weg zur Arbeit ein Lied von Roger Cicero im Radio gehört, das mir vorher noch nie so aufgefallen war: Wenn es morgen schon zu Ende wär. Eigentlich einfach ein Carpe-Diem-Song. Nutze den Tag. Verschwende deine Zeit nicht. Denn deine Zeit ist vergänglich.
Dass mich dieses Lied ausgerechnet an diesem Tag so berührt hat, liegt vor allem daran, dass das Thema Vergänglichkeit und Tod mich gerade von allen Seiten erwischt. Nicht nur, dass viele berühmte Menschen dieses Jahr gestorben sind. Auch durch meinen Freundeskreis und die Familie komme ich nicht mehr drumherum mich endlich damit zu beschäftigen, dass unsere Zeit irgendwann zu Ende geht. Dass eben nicht alles forever and ever ist. Dass wir alles verdrängen können – bis auf den Tod. Und wenn wir genau dieses Thema auch verdrängen, dann erwischt es uns eiskalt, wenn eine geliebte Person geht.
Warum können wir nicht akzeptieren, dass zum Leben eben auch der Tod gehört? Dass wir das Ende vielleicht aufschieben, aber nicht aufhalten können? Dass wir niemals herausfinden können, was und ob etwas nach dem Tod passiert?
Sobald das Thema Tod oder Vergänglichkeit auf den Tisch kommt, blocke ich sofort ab oder muss direkt anfangen zu weinen. In meinem Umfeld war das nie so richtig Thema. Ja, ich würde es schon fast als Tabuthema bezeichnen. Was eigentlich lächerlich ist, denn irgendwann erwischt es jeden von uns. So richtig auseinandergesetzt habe ich mich damit aber erst jetzt. Oder sagen wir,ich habe es versucht. Denn wirklich weitergekommen bin ich nicht. Ich weiß nicht wie ich es aushalten soll, jemanden so sehr zu vermissen. Mit jemandem noch mal sprechen zu wollen und es einfach nicht geht. Wenn mir klar wird, dass wir uns nicht wiedersehen können. Nie mehr.
Es ist nicht die Angst vor meinem eigenen Tod. Sondern viel mehr, die Tatsache, dass mir bewusst geworden ist, dass die gemeinsame Zeit endlich ist. Und ich habe das Gefühl, dass ich es nicht schaffe, diese begrenzte Zeit ausreichend zu nutzen. Im Gegenteil. Ich weiß, dass die Zeit nie genug sein wird.
Aber anstatt jetzt immer nur daran zu denken, dass die verbleibende Zeit nicht reichen wird, möchte ich lieber anfangen sie sinnvoll zu nutzen. Denn stell dir mal vor, dir würde jemand sagen, dass du nur noch ein paar Wochen zu leben hättest. Was würdest du tun?
Genau! Und deshalb will ich – auch ohne Countdown endlich- bewusster leben. Nicht mehr so viel nörgeln. Die Zeit mit meinen Liebsten verbringen. Keine Zeit mit Dingen verschwenden, die mich nicht glücklich machen. Denn wie oft sage ich, dass ich was ändern möchte? Dass ich unbedingt mal dieses und jenes machen möchte. Und dann schiebt man und schiebt man und schiebt man. Und irgendwann ist es dann zu spät. Und vor allem möchte ich endlich offen über Leben und Tod reden können und dürfen.
Ich kann die Vergänglichkeit nicht aufhalten. Das habe ich verstanden. Und deshalb habe ich mir endlich bewusst gemacht, dass sie existiert. Die Vergänglichkeit.
Und dann leb ich vielleicht heute nur ‘n kleines bisschen mehr. – Roger Cicero