Lasst uns Meer machen!

Meer machenHeute wird das Internet von Texten, Fakten und Bildern über das Meer überschwemmt werden. Heute ist Tag des Meeres. Einen Tag lang werden Menschen wieder schockiert über Plastikmüll, Ölteppiche, angespülte Wale und erstickte Schildkröten sein. Einen Tag lang werden Menschen beteuern, dass sie ab heute wirklich auf ihren Plastikkonsum achten wollen, dass sie mehr Fahrrad statt Auto fahren und beim nächsten Bali-Urlaub bei einer Clean-Beach-Aktion mitmachen werden.

Und was ist morgen?

Ich will nicht den Moralapostel raushängen lassen. Dafür bin ich selber viel zu unperfekt. Ich könnte hier darüber schreiben, dass stündlich 675 Tonnen Plastikmüll ins Meer geworfen werden. Ich könnte schreiben, dass Plastik bis zu 500 Jahre braucht, bis es abgebaut ist. Ich könnte schreiben, dass mittlerweile jede zweite Schildkröte und jeder zweite Seevogel an Plastik im Magen stirbt. Aber würde das etwas ändern? Würde dich das zum Nachdenken anregen? Würdest du deshalb aufhören abgepacktes Obst und Gemüse zu kaufen? Würdest du aufhören Duschgel und Zahnpasta mit Mikroplastik zu verwenden? Denn ich mein, was geht dich das an? Schmeißt du die Dinge ins Meer? Natürlich nicht!

Und damit du dich nicht angegriffen fühlst, verrate ich dir auch nicht, dass du trotzdem eine Mitschuld trägst. Denn du ahnst vielleicht gar nicht, dass wir durch das Wäschewaschen kleine Plastikpartikel, zum Beispiel aus Polyester, auf einen weiten Weg ins Meer schicken. Nicht-recyceltes landet durch Verwehungen und Fortspülungen ebenfalls im Meer. Mikroplastik kann von Kläranlagen nicht aufgehalten werden. Es ist in herkömmlichen Kosmetika, Duschgel, Spülmittel, Waschmittel, oder Einwegverpackungen enthalten. Etwa 20% des Plastiks gelangt direkt und ca. 80% gelangt über Flüsse ins Meer. Aber das machst du schließlich nicht mit Absicht, oder?

Ich habe ehrlich gesagt gedacht, dass wir in Deutschland in Sachen Plastik schon auf einem guten Weg sind. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Der Durchschnittsdeutsche produziert jährlich 37,5 Kilo Plastik und diese Zahl steigt stetig. Damit liegen wir 6 Kilo über dem EU-Durchschnitt.

70% des Mülls liegt auf dem Meeresgrund

Meer machen

Heute ist Freitag. Das bedeutet für viele Menschen, dass heute Fisch auf dem Teller landet. Und da schließt sich der Kreis. Pro Jahr nehmen Europäer, die regelmäßig Fisch und Muscheln essen, 11.000 Mikroplastikteilchen mit der Nahrung auf. Wie viel Prozent davon im Körper bleiben, wurde bisher noch nicht erforscht. Was an Mikroplastik so schlimm ist? Außer den hohen Konzentrationen an Giftstoffen wie Polychlorierten Biphenylen eigentlich nichts. Naja, fast nichts! Einen Ratgeber dazu findest du hier.

Und als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre, kommen dazu noch Chemische Waffen, die in den Meeren getestet werden, radioaktiver Abfall, der im Meer entsorgt wird und Ölunfälle.

Pro Jahr gelangen weltweit ca. 2,6 Milliarden Liter Öl in die Meere. Ein Liter Öl verseucht 1 Million Liter Trinkwasser.

Auf meinen letzten Asientrips habe ich Müllberge gesehen, von denen ich mir nicht erträumt hätte, dass Menschen sowas wirklich tun. Beim Schnorcheln habe ich statt Schildkröten PET-Flaschen beim schwimmen beobachten können. Ich habe gesehen, wie Menschen Keksverpackungen vor ihre Haustür werfen. Und da bleibt es – gefühlt – für immer. Und ungefühlt eine sehr sehr lange Zeit. Die Schuld nur auf jene Menschen zu schieben, ist aus meiner Sicht aber nicht richtig, denn jeder muss die Verantwortung für sein Tun selber tragen.

Deshalb habe ich nur eine Frage: Was kann ich tun?

Als ich vor ein paar Tagen die Dokumentation Plastic Planet gesehen habe, saß ich mit Tränen in den Augen vor meinem Laptop. Wissenschaftler haben die Mägen der toten Wale, Fische und Seevögel aufgeschnitten und alles was zum Vorschein kam, war Plastik. Forscher sind viele Meter tief ins Meer getaucht und alles was sie fanden, war Plastik. Ist es vielleicht schon viel zu spät, um etwas zu tun?

Tatsächlich wird es nicht möglich sein, das ganze Plastik, was bereits im Meer ist, wieder rauszuholen. Da brauchen wir uns nichts schönreden – das ist eine absolute Katastrophe! Jetzt heißt es: Schadensbegrenzung. Alles was wir tun können, ist unseren Plastikkonsum massiv zu beschränken, um noch Schlimmeres zu verhindern. Es bringt nichts mehr die Augen zu verschließen, Schluss mit Kindergarten! Jeder erwachsene Mensch hat die Pflicht, mit unserem Planeten sorgsam umzugehen. Und wer in seinem Kopf jetzt ein Aber hört, der sollte noch einmal tief in sich gehen.

Dinge, die du sofort ändern kannst:
  • Jutebeutel statt Plastiktüte
  • Seife statt Duschgel
  • Kaffeebecher statt Pappbecher
  • Nein zum Strohhalm
  • Obst und Gemüse lose auf das Kassenband legen
  • Glasflasche statt Plastikflasche
  • Müll von der Straße aufsammeln
  • Naturkosmetik statt Chemie

Gerade in Deutschland gibt es mittlerweile für sehr viele Dinge plastiklose Alternativen. Warum also erst Plastikverbote und -steuern abwarten? Warum nicht mal aus der Comfortzone rauskommen und handeln?

Ich spüre ganz deutlich, dass sich etwas tut. Das macht mich unfassbar glücklich. Es gibt immer mehr Unverpacktläden, in Köln haben wir sogar gleich drei Stück: den Veedelskrämer, Tante Olga und Migori. Und wenn es keinen Unverpacktladen bei dir gibt? Mit der Nachfrage steigt auch das Angebot. Bis dahin kannst du versuchen so viel wie möglich ohne Verpackung im Supermarkt zu kaufen oder auf dem Markt. Das Internet ist voll von Zerowaste-Ideen. Vorreiterin in Deutschland ist Shia von Wasteland Rebel. Sie beweist, dass es möglich ist keine Müll zu produzieren. Ich suche gerne auf Instagram unter dem Hashtag #plastikfrei nach neuen inspirierenden Menschen, die mir Dinge zeigen, auf die ich noch nicht gekommen bin.

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Am wichtigsten ist für mich aber, dass ich immer einen Beutel in der Tasche habe, falls ich doch noch spontan etwas besorgen möchte. Und ein Kaffeebecher. Wenn ich keinen dabei habe, dann gibt es auch keinen Kaffee to go, nicht mal für Serintogo! Neben Plastic Planet empfehle ich außerdem die Dokumentation Taste the Waste und das Ozeanbuch. Auf der ganzen Welt gibt es Projekte und Pläne, um Plastik zu vermeiden, Menschen aufzuklären und wieder zurück zu einem gesunden Verhältnis mit der Natur zu gelangen.  In Köln gibt es sogar eine Gruppe, die sich regelmäßig trifft, um Müll aufzusammeln.

Veränderung beginnt im Herzen und dann läuft alles andere von selbst. Ich habe angefangen kleine Dinge zu verändern und das hat einfach schon so viel ausgemacht. Wir Konsumenten bestimmen, wo die Reise hingeht und wenn wir gerne weiter ans Meer reisen wollen, dann müssen wir genau jetzt anfangen diesen Lebensraum zu schützen.

Auch wenn wir schon viel bewegen: es geht immer noch Meer.

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