Fair ist, was du draus machst!

Fair ist was du draus machstDas ist nicht fair! Wie oft habe ich diesen Satz als Kind gesagt – und sage ihn heute noch, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle. Aber was ist schon fair? Im Zug der #nachhaltigerlebenchallenge2018 habe ich für den Hashtag #nachhaltigfairtrade nach etwas gesucht, das ich vorstellen könnte. Doch ich bin nicht fündig geworden. Also bin ich in mich gegangen und habe mich gefragt, was fair überhaupt bedeutet.

Wenn ich an Fairtrade denke, dann denke ich an dieses kleine blaugrüne Siegel. Ein Siegel, das einem im ersten Moment suggeriert, dass man etwas Gutes tut, wenn man ein Fairtrade-Produkt kauft. Genau das habe ich immer gedacht. Was hinter dem Siegel steht? Keine Ahnung, die werden mein Geld schon an die richtigen Leute geben oder? Bio, Fairtrade, Nachhaltigkeit – das habe ich alles in einen Topf geworfen. Ich trinke in meinem gemütlichen Zuhause einen fairen Tee und irgendwo auf der Welt bekommt ein Teepflücker jetzt einen Batzen Geld, mit dem er seine Familie ernähren kann.

Aber was ich da eigentlich getan habe ist, die Verantwortung abzugeben. An eine Institution, über die ich nichts weiß. Die vielleicht einfach nur ein gutes Image hat, weil der Name sehr grün klingt. Aber das wäre genauso, als wenn McDonalds sein Logo jetzt grün färben würde – macht den Laden kein bisschen nachhaltiger. Also habe ich ein bisschen recherchiert und bin – wie sollte es anders sein – auf ein paar Sachen gestoßen, die mir so gar nicht gefallen.

Um als Bauer eine Fairtrade-Zertifizierung zu bekommen, darf er erstmal viel Geld in die Hand nehmen – die bekommt man nämlich nicht geschenkt. Außerdem muss er gewisse Standards erfüllen, um überhaupt in das Programm aufgenommen zu werden. Das heißt dann aber immer noch nicht, dass er auch das Geld bekommt, das ich hier im Supermarkt für meinen Tee bezahle – es wird nämlich mehr Ware zertifiziert, als verkauft werden kann. Heißt im Klartext: Es kann erstmal sowieso nur mitmachen, wer eh schon Geld hat. Und ob sich das dann lohnt, wird man erst später sehen.

Ist das fair?

Aber es geht noch weiter. Laut Utopia.de wurde im Juli 2011 der, für das Siegel notwendige Mindestanteil an fair gehandelten Zutaten, von 50 auf 20 Prozent gesenkt. Auch alle anderen Zutaten müssen nur fair gehandelt sein, wenn sie erhältlich sind.

Und am Ende verdient der Einzelhandel mehr, als der Produzent. Und so bekommt mein Fairtrade-Tee endgültig einen sehr bitteren Beigeschmack.

Tee Fair

Als ich all das herausgefunden habe, konnte ich nur noch laut seufzen. Wow, ich bin auf Marketing reingefallen. Keine Frage, ich möchte niemandem unterstellen, dass bei angeblichem fairen Handel nicht doch eine gute Absicht dahintersteckt. Vielleicht hat es wirklich irgendwann so angefangen, trotzdem wird eben etwas ganz anderes suggeriert. Ist das jetzt die Schuld der Organisation? Ich sage jein – denn ich bin mindestens zur Hälfte mit daran Schuld. Denn ich habe meine Augen verschlossen und meinen Kopf ausgeschaltet.

Ich habe den Wolf im Fairtrade-Pelz gekauft.

Nein, fair ist das bestimmt nicht. Aber nur ich allein bin dafür verantwortlich, was in meinem Leben fair ist und was nicht. Und so habe ich schon viel, was ich als unfair empfinde aus meinem Leben verbannt.

Ist es fair, dass Tiere für mich getötet werden, damit ich meinen Kühlschrank mit Leichenteilen füllen kann? Ist es fair, dass eine Kuh ihr ganz Leben lang schwanger ist, damit ich abends eine heiße Milch trinken kann, damit wenigstens ich ruhig schlafen kann? Ist es fair, dass Kinder nicht zur Schule gehen können, weil sie mir meine hundertste Jeans nähen müssen, die ich nach ein paar Monaten dann wieder aussortiere, weil sie nicht mehr Trend ist? Ist es fair, dass Menschen in Kolumbien niemals ihren eigenen leckeren Kaffee trinken dürfen, weil wir alles zu uns exportieren? Ist es fair, dass Fische und Schildkröten an Plastik ersticken, weil ich zu faul bin meine eigene Einkaufstasche mit in den Supermarkt zu bringen?

Ist es fair, vor all diesen Dingen die Augen zu verschließen, weil ich ein egoistisches Arschloch bin?

Nur ich allein kann mit meinem Verhalten fair handeln. Alles andere sind Ausreden. Fairtrade sollte kein Siegel sein, sondern eine Tatsache. Eine täglich gelebte Realität. Nicht nur in Bezug auf das Konsumverhalten, sondern auch im Umgang miteinander. Trotzdem bleibt die Frage – wie handele ich fair?

Was heißt Fair überhaupt? Was ist Gerechtigkeit? Im Wirtschaftslexikon habe ich unter dem Wort Gerechtigkeit Folgendes gefunden: Gerechtigkeit regelt die Beziehungen von Menschen zu anderen Menschen, sie betrifft also Interaktionen, und sie enthält immer ein Moment von Gleichheit. Und meine Damen und Herren, da haben wir die Lösung. Es muss doch ein Austausch zwischen Menschen möglich sein, bei dem niemand bevorzugt wird. Ein Austausch ohne Ausbeutung – auf Augenhöhe. Und auch wenn das jetzt utopisch klingt, weil große Konzerne nur an Profit denken, bin ich davon überzeugt, dass ich etwas ändern kann, wenn ich hier in meinem kleinen Serinkosmos anfange. Wenn ich mich fair gegenüber meinen Mitmenschen verhalte. Wenn ich Dinge kaufe, bei denen ich nachvollziehen kann, wie und wo sie produziert wurden. Und wenn ich anfange mit den Menschen zu sprechen, bei denen ich kaufe.

Ursprünglich kommt das Wort fair übrigens vom althochdeutschen fagar, was übersetzt schön heißt. Aber mit Schönheit hat Fairness mittlerweile nur noch wenig zu tun. Fair ist Marketing geworden. Und es ist Zeit die Schönheit des Wortes wieder hervorzuholen. Die Werte des Wortes wirklich zu leben. Jeder von uns hat das Bedürfnis fair behandelt zu werden – aber wir bekommen eben nur das zurück, was wir geben.

 

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2 Kommentare

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