Immer.

forever

Und dann warst du einfach weg. Von jetzt auf gleich. Ohne Abschied. Ohne Vorwarnung. Für immer.

Ich habe geweint. Sehr viel geweint. Ich konnte es einfach nicht begreifen. Konnte nicht begreifen, dass wir uns nicht verabschiedet haben. Konnte nicht verstehen, dass du nicht mehr da bist. Oder wollte ich es vielleicht einfach nicht verstehen?

War ich wirklich nur traurig darüber, dass du nicht mehr da bist, oder ist da womöglich noch mehr, dass mich zum weinen bringt? Ist es vielleicht nicht nur der Gedanke daran, dass wir uns nie wiedersehen können? Ist es nicht nur die Tatsache, dass du noch viel zu jung warst? Geht es hier vielleicht gar nicht nur um dich?

Es ist nicht leicht für mich, mir einzugestehen, dass nichts für immer ist. Dass alles früher oder später endet. Dass es immer einen Anfang und ein Ende gibt. Dass man das Ende nicht aufhalten kann. Im Gegenteil. Wir sollten gar nicht erst versuchen wollen, es aufzuhalten, weil es dann wohl noch schwerer wird, zu akzeptieren, dass es einfach nicht geht. Dass wir in einem Kreislauf leben. Ein Kreislauf, in dem der Tod eben nicht das Gegenteil vom Leben ist, sondern in dem der Tod zum Leben dazugehört und andersherum.

Jeden Tag können wir diesen Kreislauf in der Natur beobachten. Pflanzen blühen, tragen Früchte und verwelken irgendwann. Nur, um nach dem Winter wieder neu aufzuleben. Ohne zu sterben, könnten sie nicht neu zum Leben erwecken. Warum ist die Vergänglichkeit in der Natur für uns normal und in der Gesellschaft wird dagegen angekämpft?schillerAlles ist vergänglich. Nichts ist für immer. Ja. Das sagt sich so leicht. Aber verinnerlicht habe ich das ehrlich gesagt noch lange nicht. Wenn ich an den Tod denke, dann weine ich nicht nur aus Trauer, sondern auch aus Angst. Ich habe Angst vor dem Ende. Dabei ist jedes Ende auch immer der Anfang von etwas Neuem. Nur, dass wir einfach nicht wissen, was dann kommt. Ob da überhaupt etwas kommt. Und genau das scheint mir unheimliche Angst zu machen.

Wenn ein Mensch, der uns nah ist, geht, dann stellt sich schnell das Gefühl ein, dass man von nun an jeden Moment intensiv nutzen will. Keine Zeit mehr verschwenden. Carpe diem. Wir wollen uns von nun an nicht mehr über Banalitäten aufregen, uns streiten oder alles auf morgen verschieben. Doch wie lange hält dieses Vorhaben? Wie sehr schätzen wir unser Leben wirklich wert? Wie intensiv lieben wir die Dinge, die wir tun wirklich? Wie viel Zeit investieren wir in Dinge die wir tun müssen und Dinge, die wir tatsächlich tun wollen?

Das Leben ist nicht einfach nur gut und der Tod einfach nur schlecht. Beides gehört eng zusammen. Das eine existiert nicht ohne das andere. Wieso finden wir die Geburt faszinierend und den Tod furchteinflößend?

Je mehr wir das Thema Tod tabuisieren, desto mehr haut es uns auch jedes Mal aufs neue wieder um. Keiner von uns wird ihm entgehen. Auch, wenn wir ihn nicht akzeptieren wollen. Uns bleibt nichts anderes übrig. Ich möchte mich endlich davon befreien, zu glauben, dass der Tod mich nicht betrifft. Dass ich mich nicht mit dem Thema auseinandersetzen müsste. Dass er eben nicht zu meinem Leben gehört. Denn das tut er offensichtlich.

Nein, leicht ist das bestimmt nicht. Aber das Versteckspiel muss ein Ende haben. Ich ergebe mich mit erhobenen Händen. Und vielleicht muss ich mir noch hunderte Male klarmachen, dass der Tod zum Leben gehört. Und vielleicht werde ich es noch hunderte Male verdrängen wollen. Und vielleicht werde ich noch hunderte Tränen vergießen, während ich mir bewusst mache, dass mein Leben endlich ist. Dass nichts für ewig ist. Und nichts für immer.

 

 

 

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