Montag. Montag ist ja eh immer schon so ein spezieller Tag. Nunja. Für mich als Schichtarbeiterin ist Montag auch mal Wochenende oder wie ein Freitag. Aber heute. Heute war so ein echter Montag. Mit Aufstehen und scheiße fühlen.
Vor der Spätschicht kann man sich immer schön Zeit lassen. Ein bisschen Yoga. Ein bisschen Haushalt. Ein bisschen Pfand wegbringen. Ein Montag wie er normaler nicht sein könnte. Ich starte also Yoga with Adriene, als plötzlich mein Handy klingelt. Handyklingeln am Montagmorgen. Das kann nichts Gutes heißen. Ich drücke also wieder auf Pause, rolle mich von der Yogamatte zu meinem Sofa und gehe mit halb heiserer Stimme dran. Finanzamt. Oh nein. In meinem Kopf sehe ich einen Geldeintreiber vor mir, der alles mitnimmt was mir lieb und teuer ist. Ich sehe wie er mich, festgekrallt an meiner Yogamatte, auf die Straße schleift. Wie ich unten im Sushiladen eine Misosuppe schnorre. Und wie die Sushimenschen mir die Suppe verwehren, weil ich die Algenrollen sonst auch immer woanders bestelle und nicht bei ihnen.
Ich bin ein Sorgenkind. Nicht in dem Sinne, dass ich anderen Sorgen bereite. Also zumindest nicht, dass ich wüsste. Ganz im Gegenteil. Ich sorge mich. Immer. Und um alles und jeden. Ich sorge mich darum, dass ich irgendwas falsch mache und somit meine Existenz gefährde. Ich sorge mich darum, dass die Nachbarn sich dadurch gestört fühlen, wenn ich abends um acht noch die Waschmaschine laufen lasse. Ich sorge mich darum, dass wichtige Unterlagen per Post nicht ankommen und verschicke alles per Einschreiben. Ich sorge mich darum, dass ich aus überfüllten Bahnen nicht rauskomme und setze mich erst gar nicht hin. Ich sorge mich darum, irgendwohin zu spät zu kommen und gehe grundsätzlich zu früh aus dem Haus. Ich sorge mich aber nicht nur um mich selbst, sondern gerne auch um andere. Die kriegen oft nicht mal mit, dass ich mich einmische oder Dinge regele. Manchmal fühle ich mich ein bisschen wie ein Heinzelmännchen. Aber ich möchte auch gar nicht, dass irgendjemand was von meinen freakigen Gedanken oder Aktionen mitbekommt. Denn eins kann ich sagen. Es ist eeeecht anstrengend.
Warum kann ich nicht einfach mal chillen? Alles etwas entspannter sehen? Nicht sofort den Teufel an die Wand malen? Wieso befürchte ich immer gleich das Schlimmste?
Es gibt Tage da bin ich die Ruhe selbst und lebe getreu dem Motto: Et hätt noch emmer joot jejange. Aber dann muss nur eine Kleinigkeit passieren. Und alles ist durcheinander.
Die Frau vom Finanzamt war nett. Auch, wenn es schon wieder um komplizierte Formulare geht. Aber insgeheim weiß ich auch dieses Mal, dass ich nicht nächste Woche auf der Straße sitze. Aber vorausschauend wie ich bin, esse ich das nächste Mal Sushi unten im Laden.