Stell dir mal vor, man würde einem immer sagen, was man grade denkt. Nur die pure Wahrheit. Ohne groß drumrum zu reden. Ohne den heißen Brei. Ohne Blumen, durch die man sprechen kann. Ohne Spielchen. Einfach so. Direkt ins Gesicht. Dann würdest du sagen ja das Kleid macht dich wirklich fett. Guten Tag, das sind die hässlichsten Schuhe, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Mit Abstand! Ja es macht mir was aus, dass ich auf dich warten muss. Ja, wir kennen uns erst zwei Wochen, aber ich find dich gut und ich will mit dir zusammen sein. Nein, das Essen hat nicht geschmeckt und deshalb gibt es auch kein Trinkgeld. Nein, ich habe einfach keine Lust die Schicht heute zu übernehmen und möchte lieber in der Sonne liegen.
Ja stell dir das mal vor. Wo würde das hinführen? Im ersten Moment denkt man, hey eigentlich ist es doch gut immer alles direkt zu sagen. So erfährt man sofort die Wahrheit und weiß woran man ist. Wenn man den Gedanken ein bisschen weiterführt, dann merkt man aber, dass es vielleicht doch nicht immer so cool ist, wie es sich jetzt gerade anfühlt.
Möchtest du wirklich immer die pure Wahrheit hören? Ist so ein Höflichkeitskompliment nicht doch manchmal angenehmer? Willst du nicht lieber hören, dass das Kleid total doof geschnitten ist und dir deshalb nicht steht? Oder wollen wir von Fremden wirklich hören, dass wir Schuhe tragen, die gar nicht gehen? Wär es uns dann nicht doch lieber, wenn derjenige einfach an uns vorbeigeht und sich seinen Teil denkt? Geschmäcker sind ja schließlich verschieden. Und wenn jemand nur das eine Mal zu spät kommt, dann können wir uns auch verkneifen, dass Warten ätzend ist. Und bevor man etwas überstürzt, könnte man vielleicht lieber noch mit einer Liebeserklärung warten. Man muss ja vielleicht gar nicht nach zwei Wochen alles fest machen. NOCH nicht! Wenn das Essen nicht schmeckt, dann kann man das durchaus sagen. Aber auch ein Koch hat mal einen schlechten Tag. Tja. Und das mit der Arbeit. Probier doch mal aus, was passiert, wenn du lieber in der Sonne liegen möchtest.
Aber wie ist das eigentlich andersherum? Sagst du alles direkt? Oder bist du gehemmt alles offen zu sagen? Eckst du mit der Wahrheit an? Oder fährst du damit sogar wirklich besser?
Wie viel Wahrheit ist genug? Und wie viel ist zu viel? Ist weniger dann doch vielleicht mehr? Oder halten wir uns zu viel zurück? Sollten wir direkter werden? Macht es die Dinge einfacher oder schwerer?
Sollten wir öfter reinen Tisch machen? Ohne heißen Brei und Blumen?